Direkt zum Hauptbereich

Vorstellungsrunde oder: Team Marie

Photo by Min An from Pexels
Die letzten Tage - meine ersten Blogger Tage - waren ganz schön aufregend! Während ich mich noch durch alle möglichen Funktionen und Layouts wurschtel, überlege ich natürlich, welchen Artikel ich als nächstes veröffentlichen sollte. Es macht wohl sehr viel Sinn uns erst mal ordentlich vorzustellen. Das ist gar nicht so einfach, wie ich feststelle. 

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich hier unter einem Pseudonym schreibe. Auch Tim, Marie und Paula heißen eigentlich anders. Wir haben uns für diese Art des Bloggens entscheiden, um insbesondere die Privatsphäre unserer Kinder zu schützen. Ich kann dadurch auch freier über meine Gedanken und Gefühle schreiben und so hoffentlich einen authentischen und ehrlichen Einblick in das Familienleben mit Autismus geben.

Also, los geht's.

Sarah (Mama)

Das bin dann wohl ich ;-) Zu allererst bin ich natürlich Mama. Das heißt, ich spiele und lache mit meinen Kindern und bin unter der Woche nach der Kita für die beiden verantwortlich: Tränen trocknen und Hände waschen, in Pfützen rein springen und den Matsch außerhalb der Wohnung lassen, mit und für die Kleinen kochen… der übliche Wahnsinn eben. Nicht immer geht das leicht von der Hand, denn zwei Kleinkinder sind eben von Natur aus zeiteinnehmend und durchaus auch anstrengend.

Seitdem wir Maries Anders-Sein bemerkt haben, sind weitere Aufgaben dazu gekommen, die vielleicht nicht ganz so Mama-typisch sind wie in anderen Familien: 
  • Koordination sämtlichen Arzt-, Therapie- und Amtstermine (das ist eigentlich schon ein Vollzeitjob!), 
  • Informationen zwischen Therapeuten, Kita und Familienangehörigen austauschen und aufklären
  • Förderung im Alltag: Ein Thema, das ganz schön anstrengend ist und dem ich durchaus ambivalent gegenüber stehe (aber dazu dann in einem anderen Beitrag mehr)

Tim (Papa)

Unter der Woche sieht Tim die Mädels nur morgens. Und nachts, wenn Marie extra Nähe braucht, dann liegt er auf einer Matratze neben ihr, streichelt und hält Händchen. Am Wochenende ist er dann genauso dabei wie ich. Tim und Marie haben eine ganz besondere Beziehung. Schon immer verstanden sie sich wortlos, genossen einfach die Anwesenheit des Anderen und ich glaube, dass Marie gerade durch die Beziehung zur ihrem Papa ganz viel Urvertrauen bekommen hat. Wir hatten außerdem das Glück, dass Tim in Maries ersten beiden Lebensjahren promovierte und dadurch sehr frei in seiner Zeiteinteilung war. Er war (und ist) also sehr nah an allem dran. Wenn Tim Marie nun aus der Reserve lockt, fällt das beiden nicht immer leicht. Ein Kind ganz explizit zu fördern, gehörte für uns (und besonders für Tim) eben erst mal nicht zur Vorstellung über Erziehung. Einer meiner Lieblingsmomente ist, wenn Tim Gitarre spielt und beide Mädels neben ihm auf dem Sofa liegen und gebannt lauschen.

Marie

Marie kam 2016 auf die Welt. Unser erstes Jahr war bis auf Probleme beim Stillen und der Beikosteinführung (Marie aß alles nur fein(st) püriert) ziemlich entspannt. Marie war meistens gut gelaunt, lachte viel und schlief (mit den klassischen Höhen und Tiefen) gut. Man konnte sie prima überall hin mitnehmen, sie spielte gerne und ausgiebig für sich. Als Marie ein Jahr alt wurde, fragte ich mich, warum sie nicht wie andere Kinder winkte, wenig imitierte und auch nicht auf Dinge deutete. Unsere Kinderärztin blieb entspannt und erst ein Jahr später, auf unseren Druck hin, wurde ihre Entwicklung überprüft. Seitdem hat sich vieles geändert. Auch wenn Marie weiterhin ein fröhliches Kind ist, braucht sie nun viel mehr ihre eigene Struktur, taucht immer wieder in ihre eigene Welt und hat ihre Sonderinteressen. Schon immer waren Kabel sehr beliebt, jetzt fasziniert sie aktuell ein Stück Stoff, das hinter unserem Schrank hervorguckt. Marie spricht bis auf 4 Wörter (Mama, da, ja und Haia (für Bett)) noch nicht, lautiert aber viel und gerne. Immer wieder purzelt auch ein Wort aus ihr raus, was aber leider nicht bleibt.

Paula (Schwester)

Paula ist 15 Monate jünger als Marie und war von Geburt an Maries größter Fan. Händeklatschend wurden da erste Puzzle-Erfolge begleitet und sich viele Dinge abgeschaut. Paula ist neurotypisch wie Tim und ich auch. Nicht immer ist das Geschwisterverhältnis entspannt. Da gibt es häufig Eifersucht und Kämpfe um aktuelle Lieblingsspielzeuge. Immer mal wieder gibt es kurze Spielsequenzen, in denen beide zusammen spielen, zum Beispiel, wenn sie hinter Vorhängen Kuckuck spielen. Da juchzen beide (und mein Herz auch :-)). Mittlerweile ist es so, dass auch Marie von Paula einiges lernt und beide sich Sicherheit geben, beispielsweise, wenn sie morgens zusammen in die Kita gehen. 

Außerdem begleiten uns verschiedene Therapeuten und Ärzte. Da ist Frau T., unsere Logopädin, die Marie in der Sprachanbahnung unterstützt (über ihre großartige Arbeit habe ich hier geschrieben). Außerdem bekommt Marie Ergotherapie und seit 3 Wochen Frühförderung. Für eine autismusspezifische Therapie stehen wir auf der Warteliste. Marie liebt ihre Therapien und profitiert gerade von der Logopädie sehr.

Kommentare

Beliebte Einträge

Über das Selbstwertgefühl bei (neurodivergenten) Kindern

In meiner Arbeit als Psychotherapeutin kommt bei fast allen Patient*innen früher oder später das Thema Selbstwertgefühl zur Sprache. Zu Hause als Mutter frage ich mich, wie ich meine autistische Tochter darin unterstützen kann, ein stabiles Selbstwertgefühl zu entwickeln- in einer Welt und einem Alltag, der ihr immer wieder zeigt, dass sie "anders" ist.  Eine kleine, aber wichtige Alltagsbeobachtung Letzte Woche bei der Ergotherapie beobachtete ich folgende Szene: Eine Mutter unterhielt sich in Anwesenheit ihrer ca. siebenjährigen Tochter über die Therapiestunde mit der Ergotherapeutin. "Sie hat sich heute richtig gut konzentriert", meinte die Therapeutin und die Mutter antwortete: "Oh wie schön, dann hatte sie heute also einen guten Tag."  Warum schreibe ich über diese Beobachtung und was hat sie mit Selbstwertgefühl zu tun? In der Psychologie sprechen wir von Attributionen, also von Ursachenzuschreibungen. Es ist ein spannendes Feld, denn e...

Über Antworten, die zu einfach sind um wahr zu sein oder Die Frage nach der Schuld

Photo by  Teodor Savin  from  Pexels Gestern stieß ich auf eine Beratungsseite, die erklärte, die Ursachen für das Ausbrechen von chronischen Krankheiten genauso wie Autismus, ADHS und Ähnlichem seien Entwicklungstraumata, die wir Eltern (möglicherweise unbewusst und ungewollt) unseren Kindern antäten. Mich machen solche pseudowissenschaftlichen, hysterischen und schuldzuweisenden Aussagen unfassbar wütend. Und während dieser Account sicher extrem in seiner Sicht ist, so ist er gleichzeitig auch nicht allzu weit von dem entfernt, was ich auf anderen sozialen Kanälen lese. "Wenn du dein Kind nach xy erziehst, dann wird alles gut werden", so, mehr oder weniger, lautet die Botschaft vieler großer Accounts. Diese Aussagen, sie funktionieren ganz wunderbar für unser Ordnung- und Einfachheit liebendes Gehirn. Wenn-Dann-Aussagen geben Sicherheit und Kontrolle, und so unangenehm Schuld auch sein mag, so angenehm ist die Vorstellung, es wieder gut machen, ja, retten, z...

Über Traurigkeit

Postkarte von Jonna Und manchmal, da bin ich einfach traurig. Wenn ich die Rückmeldung aus dem Kindergarten bekomme, dass Marie ein anderes Kind gehauen hat, werde ich traurig. Nicht wütend oder ärgerlich, ich schäme mich auch nicht oder bin enttäuscht, nein, ich bin einfach traurig. Traurig darüber, dass Marie noch keine ausreichenden Alternativen kennt, um ihre Gefühle, Wünsche und Gedanken zu äußern. Traurig, weil sie nicht versteht, dass sich Menschen abwenden, wenn man dauerhaft nicht die sozialen Regeln befolgt. Traurig, denn ich wünschte mir, dass mein Kind fröhlich mit anderen Kindern spielte. Traurigkeit gehört zu den unangenehmen Gefühlen, die, die man am liebsten vermeiden möchte. Dabei hat auch die Traurigkeit so viel Sinn! (Wer mag, darf an dieser Stelle kurz inne halten und sich fragen, was die Funktion von Traurigkeit eigentlich ist.) Die Funktion der Traurigkeit Traurigkeit verrät uns viel über unsere Wünsche und Bedürfnisse. Sie ist damit ein Wegweiser fü...